Interdisziplinäres Symposion des Forums/IKDM der Muthesius Kunsthochschule Kiel
Konzipiert von Arnold Dreyblatt und Petra Maria Meyer
26.–28. Januar 2017 / Aula im Kesselhaus, einige Workshops ab 18.Januar 2017
Diskursive Bedingungen eines interdisziplinären Experimentes
Das Black Mountain College (BMC), das in North Carolina (USA) von 1933- 1957 bestand, hat kunstpädagogische Ideale entwickelt und erprobt, die für heutige Reformüberlegungen in der Hochschulbildung von besonderem Interesse sind. Das hat die Forschung bereits erkannt. Eine Reihe von Publikationen und Veranstaltungen in den letzten Jahren, zuletzt eine Kooperation des Berliner Museums »Hamburger Bahnhof« mit der FU Berlin (2015), haben verdienstvoll den Fokus auf dieses College-Experiment gelenkt und die »Prominenz der Lehrer und Studenten« ebenso thematisiert wie die enthierarchisierte Struktur und Verschiebung der Lehre fort von Inhalten und hin zu Methoden. Dass das College als Institution im »Geiste John Deweys« (Andi Schoon) organisiert wurde und dadurch selbstverantwortliche Studiumsgestaltung und soziale Kompetenz zu maßgeblichen Studienmethoden und -zielen wurden, blieb dabei nicht unbeachtet. Dieser »Geist Deweys« oder auch ein im Diskursfeld der Zeit wichtiger Einfluss von William James wurden jedoch bislang nicht tiefergehend bedacht. Das Kieler Symposium setzt bei diesem Defizit an und verfolgt vernachlässigte Aspekte, die zugleich über die konkrete College-Geschichte hinausgehend bildungspolitische und philosophische Fragen aus der Perspektive des amerikanischen Pragmatismus (πρα ̃ γμα/ pragma: »Handlung«, »Sache«) behandeln. Dabei werden die Schriften von John Dewey und William James ebenso als Grundlage einer weiteren Erforschung dienen, wie das »PERFORMING the Black Mountain ARCHIVE« von Arnold Dreyblatt. Das Kunstprojekt war bereits ein wichtiger Bestandteil der »Ausstellung Black Mountain. Ein interdisziplinäres Experiment 19331957«, im Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart. Studierende europäischer Kunstakademien waren eingeladen, ein von Dreyblatt zusammengestelltes Archiv zum Black Mountain College durch performative Interaktion in die Gegenwart zu übersetzen. Ehemalige Teilnehmer des Projektes und Interessierte sind eingeladen, sich vertiefend der Idee des Black Mountain College zu nähern und das Symposium in einem offenen Labor zu begleiten.
Auf dem Symposium der Muthesius Kunsthochschule gilt es, zwei Verfahren der Wissensermittlung und Erkenntnisgewinnung alternierend einzubringen: eine künstlerische Arbeit am Archiv zum Black Mountain College von Arnold Dreyblatt und wissenschaftliche Konstruktionsweisen. Im interdisziplinären Dialog von KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen sowie im Wechsel zwischen philosophischer Reflexion und »Kunst als Erfahrung« (Dewey), die performativ auch erfahrbar macht, wovon sich nicht sprechen lässt, werden die diskursiven Bedingungen der Werte und Haltungen im Black Mountain College in den aktuellen Bezugsrahmen heutiger Bedürfnisse und Problematiken gestellt. Die humanistischen Philosophien von John Dewey und William James erlauben eine Diskus sion von Themen, die im aktuellen Diskursfeld höchst relevant sind. Schon die Bestimmung des »Psychischen« durch James, aber auch die sozialpsychologischen Reflexionen von Dewey arbeiten an einer Überwindung des Dualismus von Körper und Seele, Physis und Psyche, Materie und Geist, Erkanntem und Erkennendem. Dieses Streben teilt der amerikanische Pragmatismus mit einer Philosophie des Leibes und der Phänomenologie.
Leibphilosophisch ausgerichtete Kognitionstheorien gehen auch neurologisch nicht mehr von Repräsentationskonzepten, sondern von einem senso-motorischen Gestaltkreis aus (Thomas Fuchs), so dass sich das Erkennen eines Objektes über die Antizipation seines Gebrauches einstellt und derart Erfahrungswissen besondere Erkenntnisfunktion erhält. Für Dewey ist »der Moment eintretender Erfahrung (…) der Anfang einer komplexen Interaktion; von der Art dieser Interaktion hängt der Charakter des Gegenstands ab, der schließlich erfahren wird.« Erfahrung, Praxis (griech. πρα ̃ γμα/ prâgma) und Handlungsbezug sind Kernelemente des amerikanischen Pragmatismus. Methoden erscheinen William James nur angemessen, wenn sie eine praktische Differenz bewirken, Antworten auf wissenschaftliche Fragen haben nur Wahrheitswert, wenn sie eine Funktion im Handeln haben. Am Leitfaden der Philosophie Deweys wird »Kunst als Erfahrung« denkbar. Zugleich wird abseits jeder Esoterik »das Faktum der Energie« relevant. In diesem Sinne richtet sich die Fragestellung z.B. auf eine »Organisation der Energien« in interdisziplinären Gemeinschaften und/oder multikulturellen Gesellschaften. Die Vielfalt an Verknüpfungsmöglichkeiten in einer pluralistisch-vernetzten Welt ist wiederum zentral für William James. Seine Philosophie des »Und«, Überlegungen zu einer »Vielheit in der Einheit« (manyness in oneness) und eine Integration des Fremden im pluralistischen Weltverständnis von William James verleihen den Überlegungen des amerikanischen Pragmatisten zu einem»Multiversum« aktuelle gesellschaftspolitische Bedeutsamkeit.
Zwischen den Sprachen Englisch und Deutsch / Deutsch und Englisch und zwischen Künsten und Wissenschaften / Wissenschaften und Künsten wollen wir uns auf dem Symposium programmatisch in unterschiedlichen Erfahrungsräumen bewegen, deren Wissen es zusammenzutragen gilt.
Arnold Dreyblatt und Petra Maria Meyer
Weitere Programmpunkte:
Im Zeitraum vom 18.01. 17 28.01.2017 finden außerdem folgende Veranstaltungen des BMC-Labors statt:
1.) Eröffnung BMC.Labor am 18.01. um 19h
2.) Open Residency / Workspace
Studierende und Lehrende aller Fachklassen sind eingeladen, ihre Arbeitsplätze für einige Stunden / einige Tage / die gesamte Zeit des Projektes in den Workspace des BMC.Labors zu verlegen. Tische und Stühle stehen bereit, es ist keine Anmeldung erforderlich.
Wo? Im Verwaltungsgebäude, Muthesius Kunsthochschule Kiel (aka
Glashaus/Aquarium)
Wann? Ab Mittwoch, dem 18.01. bis Samstag, dem 28.01.
3.) Workshops
—-> Nr 1: „what if“mit Florian Feigl
18.01. bis 20.01. (bei Bedarf bis einschl. 21.01.)
täglich ab 10h
—–>Nr 2: „I prefer to see with closed eyes“ mit Anna Schapiro
an einzelnen Tagen, Beginn: 19.01. ab 14h
weitere Termine folgen hier per Mail und als Aushang im BMC.Labor
——>Nr 3 „Versatorium“ mit Versatorium Wien
23.01. bis 25.01.
täglich ab 10h
4.) Workshop-Abschlussrunde am 25.01. um 19h
***Bei Fragen zum Ablauf oder Programm einfach im BMC.Labor vorbeischauen.
Wir freuen uns auf euch und Sie!***
Download des Programms BMC-Labor (PDF)