Am 9. Mai 2018 beschloss eine mehrköpfige Fachjury und der Kulturausschuss, den Entwurf „Die schwarze Liste“ von Arnold Dreyblatt als Mahnmal zur Bücherverbrennung in München zu realisieren.
Das kreisförmige Denkmal wird am Standort der nationalsozialistischen Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 entstehen, auf der zentralen Kiesfläche vor der Staatlichen Antikensammlung.
Die in den Boden eingelassene, begehbare Scheibe aus glasfaserverstärktem Kunststoff hat einen Durchmesser von knapp acht Metern. Sie trägt eine Spirale aus 9600 Buchstaben: Der Text enthält 359 Buchtitel von im nationalsozialistischen Deutschland geächteten Autorinnen und Autoren. Die Auswahl basiert auf der historischen „Schwarzen Liste“ des Berliner Bibliothekars Wolfgang Herrmann, die im Mai 1933 mehrfach veröffentlicht wurde und grundlegend bei der Auswahl der damals verbrannten Werke war.
Die Buchtitel der Spirale sind ohne Interpunktion aneinandergereiht, so entstehen assoziationsreiche Wortketten, die neue Bezüge und Bedeutungen herstellen: „DEUTSCHLANDS THEATER BISMARCK
UND SEINE ZEIT EINER SAGT DIE WAHRHEIT DAS KUNSTSEIDENE MÄDCHEN … ÜBER FÜNF EHEN AUS DER ZEIT DAS KOMMUNISTISCHE MANIFEST BILDER DER GROSSSTADT DIE LESSINGLEGENDE ZUR GESCHICHTE UND KRITIK“.
Die Textspirale öffnet ein „poetisches Fenster“ in die Kultur und Geisteswelt der damaligen Zeit. Die Form nimmt zugleich auf den Zerstörungsversuch der Nationalsozialisten Bezug, indem eine Spirale aus Rauch und willkürlich nebeneinander geworfene, brennende Seiten assoziiert werden.
An Arnold Dreyblatts Entwurf „Die Schwarze Liste“ überzeugte die Jury insbesondere der Gedanke, mit der Nennung der Buchtitel der „verbrannten Bücher“ nicht den zerstörerischen Akt des Verbrennens
und Vernichtens von Kulturgut in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die geistige Leistung der damals Verfemten. Das Kunstwerk will eine zerstörte Kultur wieder zum Leben erwecken und zugleich deutlich
machen, was 1933 ausgelöscht wurde.
Arnold Dreyblatt lebt und arbeitet in Berlin und Kiel und hat sich als Komponist und Medienkünstler einen Namen gemacht. Viele seiner Installationen im öffentlichen Raum beschäftigen sich mit erinnerungskulturellen Themen, vielfach geht es um Prozesse des Erinnerns und Vergessens, des Sammelns und Archivierens. Hervorgehoben seien Dreyblatts Arbeiten für die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück („Liberation“, „Calendarium“ und „Inmates I & II“, 2014/15), die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen („Das Dossier“, 2013), das Bundeslandwirtschaftsministerium („Inschriften“, 2010) und das Jüdische Museum Berlin („Unausgesprochen“, 2008).