
Wo beginnt Diskriminierung? Und was können Studierende und Hochschulangehörige tun, wenn sie beleidigt oder gemobbt werden? Das regelt seit kurzem die Antidiskriminierungsrichtlinie, die die Gleichstellungskommission gemeinsam mit der Diversitätsbeauftragten Marina Röh erarbeitet hat. Im Senat ist die Richtlinie nun verabschiedet worden; sie liefert Antworten auf alle Fragen zu den Themen Benachteiligung, Mobbing, sexualisierter Belästigung oder Gewalt.
Denn an der Muthesius Kunsthochschule wird großer Wert gelegt auf einen diskriminierungs- und gewaltfreien Umgang miteinander, auf eine wertschätzende, gleichberechtigte und vertrauensvolle Zusammenarbeit, auf Respekt und Akzeptanz in der Arbeits- und Studienwelt.
Marina Röh ist seit 2020 Diversitätsbeauftragte an der Kunsthochschule. Ihre Aufgaben: Sie setzt sich als Sprecherin im Senat für die Chancengleichheit ein. Außerdem macht sie mit regelmäßigen Veranstaltungen an der Hochschule auf gesellschaftliche Entwicklungen aufmerksam, bietet Beratung an und arbeitet an verschiedenen Projekten mit. Im Interview erklärt sie, worum es in der Richtlinie geht und wie Betroffene Hilfe erhalten können.
Sieben Seiten umfasst die Antidiskriminierungsrichtlinie – worum geht’s genau?
„Die Antidiskriminierungsrichtlinie regelt das Vorgehen an der Hochschule in Bezug auf jegliche Benachteiligung, Diskriminierung, Mobbing, sexualisierte Belästigung und Gewalt. Erst einmal definiert sie Diskriminierungen aus unserer Sicht: Darunter fallen beispielsweise anzügliche oder diskriminierende Witze, verbale oder elektronische Präsentation obszöner oder pornografischer Darstellungen oder unerwünschte Berührungen und Aufdringlichkeiten. Darüber hinaus liefert die Richtlinie auch wichtige Hinweise zu Beratung, Prävention und formeller Beschwerde. Wie wir genau verfahren, wenn sich jemand formell beschwert, entwickeln wir gerade innerhalb der Kommission. Wichtig ist: Die Antidiskriminierungsrichtlinie gilt für alle – auch für Externe, also für Gäste unserer Hochschule. Sie setzt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz an der Kunsthochschule um und ist verpflichtend.“
Was genau kann ich tun, wenn ich mich diskriminiert fühle?
„Die Gleichstellungsbeauftragte Katharina Jesdinsky und ich haben jederzeit ein offenes Ohr: Wer sich diskriminiert oder falsch behandelt fühlt, kann uns kontaktieren und sollte uns den Fall mit möglichst vielen konkreten Angaben schildern: Was ist wo und wann passiert? Wer war daran beteiligt? Diese Möglichkeit haben übrigens nicht nur Studierende, sondern alle Angehörigen der Hochschule. Nur wenn wir einen Fall genau kennen und uns alle nötigen Angaben vorliegen, sind wir handlungsfähig. Es sind auch anonyme Meldungen möglich – wir gehen mit allen Schilderungen diskret um und sind natürlich zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Wie behandelt ihr einen Beschwerdefall?
„Wir entscheiden mit den betroffenen Personen, wie wir weiter vorgehen, oft ist eine Lösung auch ohne formelle Beschwerde möglich, zum Beispiel durch Gespräche mit allen Beteiligten. Wenn es zu einer formellen Beschwerde kommt, geht der Fall in die Beschwerdekommission, in der wir nur noch beratend tätig sind. Eine formelle Beschwerde ist nicht anonym möglich, aber die Betroffenen werden so gut wie möglich geschützt, sodass ihnen keine Nachteile aus der Meldung eines Falls entstehen. Darüber muss natürlich im Einzelfall beraten werden. Ist eine Situation beispielsweise strafrechtlich relevant, schalten wir sofort das Präsidium ein.“
Wie ist die Antidiskriminierungsrichtlinie der Muthesius Kunsthochschule entstanden?
„Die Notwendigkeit der Antidiskriminierungsrichtlinie regelt das Allgemeine Gleichstellungsgesetz. Es ist besonders an Hochschulen wichtig, weil das Gleichstellungsgesetz lediglich auf alle Arbeitnehmenden anwendbar ist, die große Gruppe der Studierenden aber nicht einbezieht. Die Antidiskriminierungsrichtlinie ist verpflichtend. Zunächst haben wir zusammengetragen, welche Aspekte in der Richtlinie thematisiert werden müssen. Außerdem haben wir sehr von externen Impulsen der Expert*innen vom Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein profitiert und uns mit den Antidiskriminierungsrichtlinien anderer Hochschulen beschäftigt. Gemeinsam mit dem Präsidium und dem Antidiskriminierungsverband haben wir unseren Entwurf ausgearbeitet und ihn im Senat vorgestellt. In einem weiteren Schritt ist im Senat die Beschwerdekommission gewählt worden: Sie besteht aus Vertreter*innen der verschiedenen Statusgruppen, außerdem dem Personalrat und den Beauftragten für Gleichstellung und Diversität als beratenden Mitgliedern.“
Hier ist die komplette Antidiskriminierungsrichtlinie nachzulesen.
- Die nächste hochschulöffentliche Veranstaltung der Diversitätsbeauftragten Marina Röh ist am Montag, 16. Januar: Über „Diversitätsbewusstes Sprechen – Argumente und Anwendungsbeispiele für die (Hochschul-)Praxis“ spricht die Diplom-Pädagogin Esther van Lück, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Gender & Diversity Studies der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Beginn ist um 10 Uhr im Kesselhaus. Um Anmeldung bei Marina Röh per Mail an roeh@muthesius.de wird gebeten.