Erinnerung an den Matrosenaufstand: Professor Piotr Nathan präsentiert Fassadenbild in Kiel

Eine Erinnerung an den Matrosenaufstand: Professor Piotr Nathan entwirft riesiges Fassadenbild für das Kieler Lagerhaus City Box 24

Es ist 41 Meter lang und 13 Meter hoch: Mit einem Kunstwerk riesigen Ausmaßes erinnert die Stadt Kiel an den Matrosenaufstand von 1918, der die Novemberrevolution auslöste. Entworfen hat die Fassadengestaltung Piotr Nathan, seit 2006 Professor für Zeichnung und Druckgrafik im Studiengang Freie Kunst an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. „Auf einmal hatte ich einen Schuss in der Milchkanne“ heißt seine monumentale Collage. Der Titel bezieht sich auf das Zitat eines vierjährigen Jungen, der den Aufstand hautnah beim Milchholen erlebte: Seine Kanne wurde von einem Schuss getroffen, er daraufhin von einem helfenden Soldaten nach Hause gebracht.

Am Sonntag, 7. Mai, wird das Kunstwerk „SIGNAL – Auf einmal hatte ich einen Schuss in der Milchkanne“ von Professor Piotr Nathan um 11 Uhr feierlich eingeweiht: Nach einer Begrüßung von Christian Feege, Inhaber der Selfstorage CityBox 24, und Bürgermeisterin Renate Treutel erläutern Professor Piotr Nathan und Dr. Peter Kruska vom Kunstbeirat der Stadt im Gespräch, wie das Werk entstanden und gestaltet worden ist. Annette Wiese-Krukowska vom Referat Kultur und Kreative Stadt moderiert das Gespräch.

Zentrales Element von Nathans Entwurfs ist ein aufgeschlagenes Buch, dessen aufgeblätterte Seiten von Fäden nach oben gezogen werden. „Ich habe das Buch als Symbol des Wissens gewählt, aus dem jedoch zahlreiche Bilder entfernt und herausgeschnitten sind. So entsteht ein Sinnbild für das Schaffen von Orten, an denen Neues stattfinden kann“, sagt der Künstler.

Doch nicht nur er allein hat das Bild, das aus 320 quadratischen Gemälden zusammengesetzt ist, gestaltet. Es ist ein Gemeinschaftswerk, an dem 219 in Deutschland und Polen lebende Menschen dreier Generationen kreativ beteiligt worden sind. Zunächst haben 31 Schülerinnen und Schüler der dritten Klassen der Fröbelschule in Kiel-Gaarden Zeichnungen und handschriftliche Schlagworte zur Gestaltung beigetragen. Dieser Entwurf ist daraufhin in 320 gleich große Felder aufgeteilt und zum kreativen Abmalen an mehr als 200 Personen weitergegeben worden – darunter viele Studierende und Lehrende der Muthesius Kunsthochschule. Beteiligt worden sind außerdem Kunstschülerinnen und Kunstschüler sowie Studierende aus den polnischen Städten Danzig, Zoppot und Gdingen. „Die Einladung an polnische Bürgerinnen und Bürger ist mit dem Ziel der Völkerverständigung geschehen“, sagt Piotr Nathan, „denn in Gdansk, in Danzig, entstand 1980 aus einer Streikbewegung heraus die Gewerkschaft Solidarność, die entscheidend an der Revolution und Reform von 1989 mitwirkte.“

Dr. Arne Zerbst, Präsident der Muthesius Kunsthochschule, sagt: „Mitunter sind es die Umwege, die uns das Ziel aus einer neuen Perspektive zeigen und die einen anderen, spannenden Kontext eröffnen. Ich freue mich daher sehr, dass dieses von der Kunsthochschule lange begleitete Projekt nun an einem neuen Ort realisiert werden kann.“

Ursprünglich war vorgesehen, das Wandbild auf den Iltisbunker in Kiel-Gaarden zu malen. Da dies aus Denkmalschutzgründen nicht möglich war, ist das auf ein Banner gedruckte Kunstwerk nun am Lagergebäude City Box 24 an der Kieler Bahnhofstraße angebracht worden. Dort soll es mindestens drei Jahre lang hängen bleiben.

Die 320 Gemälde, die Grundlage und Vorlage für dieses Banner sind, sollen in einer künstlerischen Aktion für einen guten Zweck verkauft werden. Die Urheberinnen und Urheber der einzelnen Bilder bleiben dabei bewusst anonym.

Drei Fragen an Piotr Nathan
Herr Nathan, an Ihrem Entwurf haben Sie mehr als 200 Menschen beteiligt: warum so viele?
„Mehr als 200 Menschen sind genügend, um einen Ausdruck der Versammlung zu erzeugen. Darum ging es mir. Bei der Aufteilung des Entwurfes in 320 Fragmente ging es außerdem darum, abstrakte und auf eine Art universale Vorlagen für die Gemälde zu schaffen. In ihrer Abstraktion entziehen sich die Fragmente eines Ganzen über ihre Abstraktion einer eindeutigen verbalen Beschreibung. Worte sind manipulierbar, Abstraktion ist es nicht. Auf diese Art hat jede am Projekt beteiligte Person mit ihrem Gemälde eine abstrakte Sprache gesprochen, die nicht missbraucht werden kann.“

Weshalb treten die Künstlerinnen und Künstler hinter dem Werk zurück, bleibt deren Urheberschaft anonym?
„Am Projekt waren einige Künstler beteiligt, die namhaft sind – somit haben ihre Arbeiten einen hohen Marktwert. Die Gemälde werden aber zu einem Einheitspreis zum Kauf angeboten. Es wird bei der Verkaufsaktion um die Schaffung einer Art Gleichheit gehen. Die Urheber der Gemälde bleiben jedoch nur während des Verkaufs anonym; später erfährt der Käufer, von wem das von ihm erworbene Gemälde stammt.“

Als zentrales Element haben Sie das aufgeschlagene, lückenhafte Buch gewählt, als Symbol unvollständigen Wissens – bezieht sich das auf die Wahrnehmung des Matrosenaufstands? Also: Deuten Sie dies dahingehend, dass die Gesellschaft Wissenslücken bezüglich des Matrosenaufstands hat?
„Mein Blick auf den Matrosenaufstand war einer menschlichen Natur. Es ging dabei um die Schaffung eines Werkes, das die Menschen miteinander verbindet und nicht voneinander trennt. Ich bin kein Geschichtsforscher, auch kein Politiker. Als Künstler darf, soll ich sogar andere Wege gehen und dabei vielleicht auch ausblenden, unter welcher Fahne der Matrosenaufstand stattfand. Als Künstler darf ich mich, wie in diesem Fall, ganz dem Menschen widmen, seinem aus meiner Sicht angeborenen Verlangen nach Menschenwürde und Freiheit.“

05.05.2023 ,

Im Fokus

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Übergeordnetes Ziel der Muthesius Kunsthochschule in Kiel ist es, durch künstlerisch-gestalterische Entwicklungs- und Forschungsvorhaben als Kristallisationspunkt für Arbeiten und geistige Auseinandersetzungen auf den Gebieten der Kunst, der Raumkonzeption und des Designs zu wirken. Die Muthesius Kunsthochschule in Kiel als einzige Kunsthochschule des Landes Schleswig-Holstein ist nicht nur ein Ort der Ermöglichung kulturell relevant werdender Biografien, sondern mit ihrem Projektstudium auch ein Ort besonderer Experimente und Realisierungen.
 Die Profile der Masterstudiengänge stellen teilweise in der Bundesrepublik einzigartige Studienangebote und Entwicklungsmöglichkeiten für Studierende dar.

„Im Zentrum der Muthesius Kunsthochschule steht die Kunst, das Künstlerische und das Gestalterische, das Schaffende und die Produktivität. Um diese Mitte bewegt sich auch das grundsätzliche Verhältnis von Theorie und Praxis. Dieses Wechselverhältnis ist ein permanenter Prozess, eine kreisende Bewegung um das von Kunst und Design ausgehaltene Zentrum. Es ist Freiraum nötig, um sich zu bewegen. Deshalb ist die erste Bedingung für Kunst und Design an unserer Hochschule Freiheit! Zum Studium an der Muthesius Kunsthochschule gehört der Wille, diese Freiheit zu nutzen, um zu einer ebenso kreativen wie produktiven Persönlichkeit heranzureifen. So können wir unseren Studierenden persönliche Biografien ermöglichen“, verspricht Präsident Dr. Arne Zerbst.

Rund 630 Studienplätze verteilen sich zurzeit auf die Studiengänge Freie Kunst, Kunst Lehramt an Gymnasien, Szenografie/Interior Design/Raumstrategien, Kommunikationsdesign und Industriedesign.

FORSCHUNG UND PROJEKTE

Das Studium an der Muthesius Kunsthochschule ist projektorientiert. Studierende werden frühzeitig ermutigt, Erfahrungen mit realen Auftraggebern zu machen. Mit dem Zentrum für Medien wurde eine  interdisziplinär arbeitende Einrichtung geschaffen, die den Studierenden dabei helfen, ihre Projekte erfolgreich zu realisieren.
Durch die Teilnahme an Exzellenzclustern zählt die Muthesius Kunsthochschule zu jenen international sichtbaren und wettbewerbsfähigen Forschungseinrichtungen, die dazu beitragen, den Wissenschaftsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken. Zahlreiche Kooperationspartner auf lokaler, nationaler wie internationaler Ebene schätzen an der Muthesius Kunsthochschule ihre interdisziplinäre Kursstruktur sowie das persönliche Klima mit Semesterstärken von maximal 20 Studierenden – eine hervorragende Basis für Diskurse mit Innovationspotential.

INTERNATIONALITÄT

Studierende und Lehrende setzen sich jedes Semester im Rahmen interdisziplinärer Workshop-Wochen und hochschulintern organisierter, öffentlicher Symposien mit nationalen und internationalen Positionen in Kunst und Design auseinander. Internationale Dozenten sind stets Bestandteil dieser Pflichtveranstaltungen. Aus über 30 Ländern der Welt kommen junge Menschen in Kiel zum Kunst- und Designstudium zusammen. Ihr Anteil an der Studierendenschaft beträgt 14 Prozent, Tendenz steigend. Damit liegt die Muthesius Kunsthochschule weit über dem Bundesdurchschnitt.

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Um die Vielfalt der Muthesius Kunsthochschule darstellbar zu machen, gibt es neben den »offiziellen« Informationsseiten (die farbige Hälfte dieser Webseite) über 40 Weblogs (die weiße Hälfte dieser Webseite), die von den einzelnen Lehrgebieten selbst gepflegt aktualisiert werden.

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Sommersemester 2025
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(Bitte informieren Sie sich über die Gleichstellungsarbeit auf der Website der Kommission für Gleichstellung und Diversität: E-Mail: gleichstellungskommission@muthesius.de.)