Im Studiengang Freie Kunst vertritt Aleen Solari seit Beginn des Wintersemesters die Professur für Malerei. Damit folgt die Hamburger Künstlerin auf Antje Majewski, die seit 2011 als Professorin für Malerei an der Muthesius Kunsthochschule tätig war.
Frau Solari, Sie haben die Vertretung der Professur für Malerei übernommen. An der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg haben Sie selbst Malerei studiert – was hat Sie an Malerei gereizt?
„Damals, als ich begonnen habe, Malerei zu studieren, ist das bei mir aus einem Wissen über Kunst und Malerei heraus geschehen, das stark von meinem schulischen Werdegang geprägt gewesen ist. Es geschah aus einer anderen Vorstellung von Kunst heraus, als ich sie heute habe.“
Wie unterscheidet sich denn Ihre heutige Vorstellung von Kunst von der damaligen?
„Ich glaube, dass man heute eigentlich einen ganz anderen Zugang hätte zur Kunst, allein schon durch die Medienlandschaft und die sozialen Netzwerke. Ich habe aber die Vermutung, dass das in den vergangenen Jahren wenig Einfluss auf die schulische Bildung im Fach Kunst hatte und heute noch ähnlich ist wie zu meiner Schulzeit. Das Kunststudium ist insofern spannend, weil es Studierenden ermöglicht, hinter diese öffentliche Fassade der Kunstwelt zu schauen. Denn es gibt zwar den Begriff von Kunst, der allerdings sehr unkonkret ist, und so viele verschiedene Vorstellungen davon, was Kunst eigentlich ist.“
Wie ist denn Ihr Anspruch an die Rolle als Lehrende?
„Es braucht in den meisten Fällen schon ein Kunststudium, um zu verstehen, was Kunst ist. Der Begriff Kunst wird so inflationär benutzt, und es reicht nun mal einfach nicht, eine Leinwand zu bemalen, auch nicht, wenn das über Jahre hinweg passiert und es Entwicklungen im Visuellen gibt. Die Perspektive und die Reflexion darüber, die Auseinandersetzung, wann was und warum in der Kunst geschehen ist und warum aktuell Dinge relevant sind und ihre Berechtigung haben. Es ist wie ein spezieller Blick oder eine Perspektive, die sich nur durch eine intensive Auseinandersetzung und gleichzeitig eine schöpferische Arbeit entwickelt. Wie ein unsichtbarer Vorhang, den es heißt zu durchtreten, hinter dem die Kunst verstanden wird. In dieser dimensionieren Sphäre ist Kunst jedoch mehr Konsens als vielleicht angenommen von außen. Auf dem Weg dahin ist es wichtig, viele (dumme) Fragen zu stellen und zu hinterfragen. Sonst bleibt es eben Wanddekoration oder sonstiges dekoratives Element, was so tut, als ob es Kunst ist. Ich bin gespannt, wie viele Student*innen es schaffen, diesen Club betreten zu können, auf der Gästeliste stehen sie alle.“
In der Malereiklasse studieren derzeit mehr als 30 Personen. Was möchten Sie Ihren Studierenden darüber hinaus mitgeben?
„Ich möchte jede einzelne dieser Personen so begleiten, dass sie ihren eigenen Weg entwickelt. Dass sie im Idealfall bei sich bleiben und Kunst verstehen kann. Mir ist wichtig, dass die Studierenden einen offenen Blick auf Kunst haben, sich am aktuellen Diskurs beteiligen können und dass sie die Dinge und die zeitgenössische Kunst verstehen.“
Worauf haben Sie sich bei Ihrer neuen Aufgabe an der Muthesius Kunsthochschule besonders gefreut?
„Ich freue mich besonders, jede einzelne Person kennenzulernen und sie auch in ihrem Prozess und sogar im Nachgang zu begleiten. Zu sehen, wie sich die Studierenden entwickeln, das ist etwas, woran ich mich jetzt schon sehr freue und was mich auch ein Stück weit stolz macht.“
Was sind im Wintersemester die Themen der Malereiklasse gewesen?
„Wir haben im Wintersemester Christiane Blattmann, eine befreundete Künstlerin, zu Workshops eingeladen. Unser Thema ist „making things public“ – es geht um die Ausstellung als Testfeld für die Wirkungsweise und die Inszenierung von Kunstwerken. Wir untersuchen die Ausstellung an sich, schauen uns Beispiele aus der modernen Kunst an – vom gläsernen Display bis hin zum Leitz-Ordner. Außerdem haben wir Brüssel besucht und dort auch eine Klassenausstellung gezeigt.“
Wie sind Sie mit der Muthesius Kunsthochschule in Berührung gekommen – als Hamburgerin gibt es da sicher Anknüpfungspunkte?
„Ja, natürlich wusste ich schon länger von der Existenz der Hochschule. Einen direkten Kontakt gab es vor einigen Jahren über einen Umweg: Ich habe in einem feministischen Türsteherinnenkollektiv gearbeitet, das von der Muthesius Kunsthochschule angefragt worden ist. So gab es die erste Verbindung, auch wenn ich selbst bei dem Job in Kiel gar nicht dabei gewesen bin.“
Zur Person
Aleen Solari, geboren 1980 in Bielefeld, lebt und arbeitet in Hamburg. Bis 2015 studierte sie bei Jutta Koether, Anselm Reyle und Monika Baer an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Hamburg, wo sie 2019 eine Gastprofessur für Malerei innehatte. Seit 2015 ist Aleen Solari als selbständige Künstlerin tätig, mit zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland. 2016 erhielt sie ein Arbeitsstipendium der Stadt Hamburg, 2018 ein Arbeitsstipendium des französischen Château Millemont, 2019 das Stipendium der ZEIT Stiftung und 2020 das Atelierstipendium „Quartierskünstlerin auf der Veddel“. Außerdem war sie 2021 Stipendiatin des Künstlerhauses Lauenburg für Künstlerinnen und Künstler mit Kind.