Wie können zeitgenössische Kunst und Design sinnlich-ästhetische Denkanreize schaffen? Wie können sie sinnvolle Interventionen anbieten angesichts einer anscheinend nicht enden wollenden Abfolge an Krisen? Darum geht es der Reihe „going public – Von öffentlichem Interesse“. Initiiert und kuratiert hat sie Sven Christian Schuch, künstlerischer Leiter des spce | Muthesius, gefördert aus Mitteln für Kunst im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Kiel. An unterschiedlichen Orten im Kieler Stadtraum, unter anderem am Holstenpavillon am Ziegelteich, in Leerständen und an öffentlichen Plätzen intervenieren Studierende mit ihren künstlerischen Arbeiten und Performances.
Beteiligt sind mehr als 20 Studierende der Muthesius Kunsthochschule. Zum Auftakt hat bereits Nikolas Tesch mit seiner Lichtinstallation „vacant“ dem leerstehenden Holstenpavillon am Ziegelteich Leben und Erleuchtung eingehaucht. Lara Meise hat den ersten Akt ihres Performancezyklus‘ „Eleganter Lumpen in Zeiten der Dekadenz (The Memoir)“ aufgeführt. Und das Kollektiv PIKPorree hat auf dem Bahnhofsvorplatz an die einstige Sankt-Jürgen-Kapelle erinnert.
Worum es der Veranstaltungsreihe inhaltlich geht? „Neben der Frage nach der Aktualität von Kunst und Design in alltäglichen Lebensrealitäten rückt die Reihe ‚going public – Von öffentlichem Interesse‘ die akute Notwendigkeit und Pflege kritischer Stellungnahme zu soziopolitischen, ökologischen sowie strukturellen Fragen in den Fokus“, sagt Sven Christian Schuch. Die Palette an brisanten Themen, die besonders eine junge Generation in einen prekären Schwebezustand versetzt, scheine endlos: von der fortschreitenden Klimakatastrophe, kriegerischen Tätigkeiten einer sich in Erosionsprozessen befindenden globalen Weltordnung, den ökonomischen und psychologischen Nachwirkungen der Covid-19 Pandemie, bis zum Erstarken ultranationaler Rechter, die demokratische Grundstrukturen radikal bedrohen. „Eine wirksame Konfrontation mit diesen komplexen Themen bedarf einer transgenerationalen offenen Diskussion, merken wir doch, dass auch die Formen des Protestes Potenzial für weitere Spannungen und ein Verhärten von Meinungsfronten birgt.“ In einer Zeit, in der Meinungen innerhalb medialer Blasen, deren Algorithmen komplexe Bezüge bewusst ausblenden, geformt werden, braucht es umso mehr öffentliche Orte der Begegnung, um destruktive neo-kapitalistische Automatismen aufzubrechen.
Kurzum: Bei „going public – Von öffentlichem Interesse“ geht es darum, den Rahmen zu sprengen, sich nach außen zu richten, den Stadtraum als Bühne zu erkennen und einzunehmen. Kunst ist niemals losgelöst von gesellschaftlichen Kontexten, agiert jedoch mit einer eigenen Sprache, die konkret vermitteln kann, da sie Antworten nicht bereits vorgibt.
Die weiteren Termine:
– Donnerstag, 11. Juli, 14-22 Uhr: Performance PIKPorree Kollektiv, Schloßplatz
– Donnerstag, 11. Juli, ab 20 Uhr: OTO ∙ N ∙ Listening Room by Lucas Winterhalter & Janto Schönberg
– Mittwoch, 17. Juli, Installation Florian Huber – Ruhender Fortschritt (Skulptur), Einbetonierter E-Roller, Verkehrsinsel vor sp ce | Muthesius, Andreas-Gayk-Str. 7-11*
– ab Montag, 22. Juli, Anders Prey – „Tagträume“, skatebare Elemente im Stadtraum, mehrere Orte im Stadtraum, siehe interaktive Karte auf Webpage
– Donnerstag, 25. Juli, ab 19 Uhr: OTO ∙ N ∙ Listening Room by Lucas Winterhalter & Janto Schönberg
Der Eintritt ist frei. Nach einer Sommerpause im August sind weitere Interventionen und Projekte für September und Oktober geplant. Alle Infos gibt’s online auf https://www.going-public.art/de

