„Ich sage, dass es in dieser Welt eine unendliche Bewegung gibt, und dass alles, was sich bewegt,
eine sichtbare Spur hinterlässt, eine Arabeske, einen Reflex, eine Farbe“ – so der französische Dichter Jean Tardieu treffend. All diese Abdrücke, Abriebe und Ablagerungen zeichnen Geschichte. Physisch, historisch, materiell, psychisch.
Jeewi Lee (*1987, Seoul) arbeitet in ihren ortsspezifischen Rauminstallationen, Aktionen und
Bildserien mit performativen oder alltäglichen Ereignissen, die im Werk nur als Spur sichtbar
werden und ihr als malerisches Element dienen. Die Spur zeugt von Bewegungen (im urbanen wie
in Ausstellungsräumen) und reflektiert zugleich ihren eigenen Produktionsprozess. Ihre
Arbeiten machen soziale und historische Ereignisse sichtbar, die sich in unterschiedlichste
Materialien eingebrannt haben.
Ihr Interesse gilt der Anwesenheit von Abwesenheit, die jeder Spur inhärent ist. Sie ist Zeugnis
einer nicht mehr unmittelbaren Gegenwärtigkeit, einer vergangenen Berührung zweier
Gegenstände oder Lebewesen. Die Dualität ihrer Herkunft zwischen Korea und Deutschland ist
der Ursprung dieser Auseinandersetzung. Obwohl sie weit mehr Lebenszeit in Europa verbracht
hat, bleibt sie geprägt von der asiatischen Philosophie des Taoismus, in dem das ungreifbare Band
zwischen Abwesenheit und Anwesenheit bei Individuen und Elementen verhandelt wird.
Durch die Auseinandersetzungen mit dem Thema der Diaspora, bei der es um die Fortbewegung geht, wurde sie auf die Frage nach Hinterlassenem, Historischem und Nachklang aufmerksam.
Die Neugierde auf die Beziehung zwischen Individuum und der Zeit beziehungsweise dem Ort
findet sich wiederholt in ihren Arbeiten.
Lee studierte Malerei an der Universität der Künste Berlin sowie an der Hunter College University,
in New York. 2018 lebte und arbeitete sie als Preisträgerin in der Villa Romana, Florenz und 2020 wurde sie neben dem Werkstipendium der CAA mit dem Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfond ausgezeichnet. In 2021 erhält sie den Kunstpreis „Junger Westen“ von der Kunsthalle Recklinghausen und arbeitet seit Jahren in diversen internationalen Künstlerresidencies.
Lee stellte in Hamburger Kunstverein (2020), Kunstmuseum Stuttgart (2020), Urbane Künste Ruhr
(2021), Kunsthalle Wilhelmshaven (2021), Kunsthalle Recklinghausen (2021), Mönchehaus Museum Goslar (2022) und Kunstmuseum Wolfsburg (2022) aus.
Für 2023 ist eine Einzelausstellung im DAZ (Deutsches Architektur Zentrum) Berlin, die
Teilnahme an einer Gruppenausstellung im Martin Gropius Bau und der Skulpturenbiennale Blickachsen 13 auf Museum Insel Hombroich geplant. Lee´s Arbeiten werden von der Galerie Sexauer, Berlin; OH Gallery in Dakar, Senegal; sowie sign and symbols in NYC, USA vertreten
Ort: Kesselhaus der Muthesius Kunsthochschule; Legienstraße 35, 24103 Kiel
Datum: Mittwoch, 18.01.2023
Zeit: 17:00 – 20:00