Bildschöpfung als Totgeburt. Das Paradox bildlicher Repräsentation Auf Einladung von Prof. Dr. Christiane Kruse Institut für Kunstwissenschaft und Medienphilosophie Während für unsere heutige Bildkultur von einer geradezu inflationären Sichtbarkeit des Todes gesprochen werden kann, markierte hingegen in früheren Zeiten der Leichnam im Bild eine Zäsur. Und dies nicht nur thematisch, sondern auch insofern, als sich mit dem Sujet des Leichnams oftmals grundlegende medienontologische und bildtheoretische Parameter und Rezeptionsmodellierungen äußerten. So provozierte gerade das Sujet des Leichnams ein Nachdenken über das, was eigentlich ein Bild ist, genauer noch über das, was das Paradox jeder bildlichen Repräsentation ausmacht, nämlich etwas Abwesendes anwesend zu machen und damit aber zugleich dessen Abwesenheit auszustellen. Denn der Leichnam im Bild nimmt bereits jene Mortifikation vorweg, die jede ästhetische Transformation eines lebenden Körpers in ein Bild bedeutet. Zugleich wird beim Leichnam als Sujet jede künstlerische Anstrengung der möglichst gelungenen Verlebendigung – lange Maßstab der Kunst – ad absurdum geführt, da es schließlich nur mehr darum gehen kann, das Tote möglichst tot ins Bild zu setzen: Bildschöpfung als Totgeburt. Eben diese bildtheoretische Reflexion findet sich in Holbeins d.J. berühmten Gemälde „Christus im Grabe“ (1521/22) ins Bild gesetzt, macht aber auch heute noch die Brisanz von kontrovers diskutierten Arbeiten wie denen von Teresa Margolles oder auch Gregor Schneiders aus. Dr. Kristin Marek, Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe, FB Kunstwissenschaft und Medienphilosophie, ist dort Research Fellow und leitet die Forschergruppe „Zeichen oder Leichen? Digitale Entkörperlichung in der visuellen Kultur versus Materialität in der Kunst“. Innerhalb Ihrer Forschungen bilden Fragen zu Bild und Körper, zum Verhältnis von Kunst, bildlicher Repräsentation und medialer Reflexion und zur kunstwissenschaftlichen Methodik und Theorie Schwerpunkte, woraus in jüngerer Zeit die Bände „Bild und Körper im Mittelalter“ (2006, 2008), „Die neue Sichtbarkeit des Todes“ (2007) und die Monographie „Die Körper des Königs. Effigies,Bildpolitik und Heiligkeit“ (2009) hervorgingen. Derzeit arbeitet sie an einer Studie zum Thema „Ästhetik des Leichnams.Kunst, Bildtheorie und mediale Reflexion bei Teresa Margolles, Gregor Schneider und Rabih Mroué.“
Ort: Kesselhaus der Muthesius Kunsthochschule; Legienstraße 35, 24103 Kiel
Datum: Dienstag, 27.01.2015
Zeit: 17:30 – 19:00