29.01.2019 um 19:30 Uhr // im Kesselhaus der Muthesius Kunsthochschule
Postproduktsprachen
Zur ambivalenten Verortung gegenständlicher Gestaltungsmittel im digitalen Raum
Immer häufiger werden Geräte in unserem Alltag mit dem Attribut ‚Smart‘ beworben. Sensoren, eingebaute Mikroprozessoren und die Einbindung in Netzwerke versetzen sie in die Lage, selbsttätig, also ohne Nutzereingaben zu agieren. Zusätzlich antizipieren die Maschinen durch die Kombination großer Datenmengen mit maschinellem Lernen situativ benötigte Informationsangebote, Einstellungen oder Funktionen. Die Technologie suggeriert eine Zukunft, in der nahezu alle Wünsche ohne aufwendige Mensch-Maschine-Interaktion in Erfüllung gehen.
Damit scheint das Design, das wir sehen – Gert Selle bezeichnet es als das Sekundär-Design – gegenüber dem Primär-Design der Mikrochips, Dienste und
Anwendungen zunehmend in den Hintergrund zu treten. Denn die materiellen Erscheinungsformen der Devices repräsentieren immer weniger deren Aufbau, Funktionen und Eigenschaften. Somit werden die ‚Hüllen‘ zu abstrakten, medial bespielbaren Platzhaltern, zu Multifunktionswerkzeugen mit einem scheinbar nie endenden Möglichkeitshorizont.
Liegt die Zukunft des dinghaften Designs damit im ‚Styling‘? Reduziert sich die Mensch-Objekt-Relation auf die Darstellung von Images und das Auslösen von Emotionen? Der Vortrag problematisiert die Rolle von Schnittstellen im Internet der Dinge und deren Eignung, komplexe Zusammenhänge zu Vermitteln. In diesem Rahmen dienen Objektbeispiele dazu, die Wechselwirkungen unterschiedlicher Akteure zu beleuchten und zu reflektieren. Gemeinsam mit den Teilnehmenden soll diskutiert werden, welche Aufgabe dem Objektdesign zukünftig zuzuschreiben wäre und welche Richtungen sich für die Transformation klassischer Gestaltungsmittel eröffnen.
Thilo Schwer (Dr. phil, Diplom Designer) ist Produktgestalter und Designwissenschaftler. Er studierte zwischen 1993 und 2001 an der Schule für Gestaltung in Basel und der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. 2002 gründete er zusammen mit Sybille Fleckenstein und Jens Pohlmann das Designstudio speziell® in Offenbach, das für Unternehmen im Konsumgüterbereich tätig ist.
Zusätzlich widmet sich Thilo Schwer seit 2006 neben seiner praktischen Tätigkeit designwissenschaftlichen Themen. 2014 promovierte er am Institut für Kunst- und Designwissenschaften der Folkwang Universität in Essen. Ab 2011 lehrt er Designgeschichte, Designtheorie, Designmethodologie und Theorien der Produktsprache – unter anderem an der Folkwang Universität, der Goethe Universität in Frankfurt und der Hochschule für Gestaltung in Offenbach.
Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in der Theorie der Produktsprache, der Erforschung von Gestaltungsmitteln im Kontext zeitgenössischer Entwicklungen sowie den Methoden des Designs im Entwurfsprozess.
Ort: Kesselhaus der Muthesius Kunsthochschule; Legienstraße 35, 24103 Kiel
Datum: Dienstag, 29.01.2019
Zeit: 19:30 – 21:00