
Angesichts der im Industriezeitalter verursachten globalen Probleme, die sich als größte von Menschen verursachte Katastrophe für Mensch, Natur und Umwelt auszuwirken beginnen, ist es dringend geboten, vom Reflexionsmodus in den Handlungsmodus zu wechseln, um Zerstörungen von Menschen, Tieren, Pflanzen und der gesamten Umwelt zu verhindern.
Kunst, Design und Architektur arbeiten an je eigenen Szenarien und Lösungsansätzen, die in den Blick nehmen, wie Natur, Umwelt und Mensch in ein ökologisches Gleichgewicht kommen, wie Menschen in einer global gefassten Ökologie nachhaltig leben, arbeiten und wirtschaften könnten. Das Symposium widmet sich diesen Positionen in vier Sektionen und befragt Akteur*innen nach ihren Perspektiven auf eine Ökologie, die nicht erst in der Zukunft beginnt, sondern heute durch Gestaltung Verantwortung übernimmt.
I Kunst und Ökologie
Die Beschäftigung von Künstler*innen mit Ökologie ist vielfältig. Ökologie wird hier verstanden als die Lehre (oder Erkenntnis) des oikos, des gemeinsamen Haushalts, in dem organische und anorganische Bestandteile miteinander vernetzt sind, in Wechselwirkung und Interdependenzen stehen und als Ganzes eine „Natur“ bilden, von der wir als Menschen ein Teil sind. Diese „Natur“ wird oft Natur/Kultur genannt, da sie im Anthropozän überall durch menschliche Eingriffe geformt wurde.
Die Beschäftigung mit Ökologie kann technikaffin sein, wenn sie sich mit Genetik und künstlicher Intelligenz beschäftigt. Sie kann aber auch spirituell sein, wenn sie sich in alchemistischen Prozessen Pflanzen, Steinen oder Tieren nähert und dabei von nicht-europäischen Kulturen inspirieren lässt. Ökologische Kunst kann sich in Gruppenprozessen äußern, in denen Kunst, gemeinschaftliches Handeln und Politik ineinander übergehen. Sie kann recherchebasiert oder meditativ sein. In jeder dieser und weiterer Möglichkeiten sind Menschen, auch die Künstler*innen selbst, impliziert; und auch die Kunstwerke werden als Teil von ökologischen Prozessen begriffen. Können wir solche komplexen Vorgänge in vermittelbare Formen bringen? Soll Kunst etwas bewirken und an wen richtet sie sich? Verändert sie etwas in der Welt und in uns?
II Design und Nachhaltigkeit
Eine erste Aufmerksamkeit des Designs für Fragen der Nachhaltigkeit hängt eng mit einer Krise des Funktionalismus und der Massenproduktion in den 1970er Jahren zusammen, die sich an Fragen der Teilhabe an Gestaltung, aber auch an der sichtbar werdenden Umweltzerstörung entzündete. Die Umweltbewegung gewann immer mehr Zulauf, Designer*innen wollten sich nicht mehr zu Agent*innen eines ausufernden Konsums von überflüssigen Waren machen lassen. Die Aufgabe von Gestaltung sollte stattdessen die Gestaltung von Bauplänen sein, die zum Beispiel der Whole Earth Catalogue mit dem Slogan „Access to Tools“ versammelte. Der Katalog rückte gleichzeitig die Verwundbarkeit des Planeten in den Blick, indem er die Erde aus Weltraum-Perspektive aufs Cover setzte.
Diese Ansätze sind bis heute wirkungslos geblieben. Die Frage ist nicht, wie wir andere Formen des Konsums finden können, sondern ob wir überhaupt noch so viel produzieren sollen wie bisher. Wir sehen uns in einer dystopischen Gegenwart des Überflusses, die von den Designer*innen früherer Generationen vor dem Hintergrund einer vermeintlichen ‚Neutralität‘ des Designs sogar noch verstärkt wurden. Das Design darf sich aber nicht aus der Verantwortung für die von ihm mitverursachte Krise ziehen. Was sind nun die Antworten der Designer*innen für das Problem der Klimakrise? Was sind konkrete Positionen zu dem Thema in dieser drängenden Situation? Gibt es Designformate jenseits einer industriellen Produktion, die die Verstrickung von Konsum und Klimakrise aufzulösen vermögen?
Ökologie und Architektur
Nach Prognosen werden 2050 zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Diese Schätzungen werfen die Frage auf, welche ressourcensparenden Modelle es für ein städtisches Leben geben kann und nach welchen Maßstäben diese entwickelt werden. Es ist naheliegend, Lösungen für die komplexen Fragestellungen zukünftigen Stadtlebens im Disziplinverbund zwischen den Geistes-, Naturwissenschaften und der Architektur zu finden: In seinem Buch Für eine ökologische Naturästhetik fordert Gernot Böhme angesichts steigender Umweltprobleme eine Erweiterung der Ästhetik um naturphilosophische Aspekte. Historisch sind Ökologie und Nachhaltigkeit in der Architektur eng mit Industrialisierung und Urbanisierung sowie den Krisenerfahrungen in Folge der Weltkriege verknüpft. Das Bauhaus und Black Mountain College haben diese aus dem Blickwinkel eines am Vorbild der Natur orientierten Funktionalismus weiterentwickelt. In neuerer Zeit sind unter dem Begriff des Anthropozän, und insbesondere der Anthropozän-Küche, neue Ökologie-Modelle unter systemökologischen Gesichtspunkten vorgestellt worden. Welcher Fragen, Methoden, vor- und nachbildlichen Modelle bedienen sich Geistes-, Naturwissenschaftler*innen und Architekt*innen, um Ideen für ein ökologisches und nachhaltiges Leben zu entwickeln?
Let’s Get Sustainable: Art, Design, and Architecture