Wie wollen wir leben, wenn die Welt untergegangen ist? Linda Ebert, Absolventin und Stipendiatin der Muthesius Kunsthochschule, entwirft in ihrem Projekt „A Long Journey Into Darkness“ ein Zukunftsszenario, das zunächst von einem negativen Gedanken ausgeht: Die Menschheit wird es nicht schaffen, die Erde zu retten. „Aber anders als Elon Musk oder Jeff Bezos gewinne ich dieser Erkenntnis etwas sehr Positives ab und nehme jede und jeden mit auf eine Raumstation, in der wir in Zukunft leben werden“, sagt Linda Ebert. Ihre Vision, die sie in einer etwa 100 Seiten starken Erzählung gemeinsam mit anderen Autorinnen und Autoren niedergeschrieben hat: In Hunderten von Jahren wird das Weltall zum Lebensraum, denn die Menschheit verlegt ihren Lebensmittelpunkt auf ein gigantisches Raumschiff in der Dunkelheit und wagt einen Neuanfang.
Eberts Projekt, das während ihres Stipendiums an der Muthesius Kunsthochschule entstanden ist, beinhaltet neben der Publikation eine mehrteilige Malerei, die die Geschichten aus der postapokalyptischen Welt auf die Leinwand überträgt. Ihr Hauptwerk ist das großformatige Gemälde des Raumschiffs. „Sechs Monate lang habe ich an dem ausschließlich schwarzen Bild gemalt“, sagt die Künstlerin. Das Gemälde „enthält Grundrisse und Umrisse, die in unserer heutigen Welt zu finden sind: Hier ist zum Beispiel ein Amphitheater“, sagt sie und zeigt auf einen Grundriss mitten auf der Leinwand. Dazu hat sie Formen von Flüssen aufgegriffen, Umrisse von Höhlen zitiert und Gebäudelinien ins Bild gehoben. Am liebsten malt sie ihre Bilder in Schwarz. Schwarz steht für Stille, Klarheit und Neubeginn in der Überzeugung, dass nur aus der Dunkelheit heraus etwas Neues entstehen kann.
Das Schreiben ihrer Erzählung mit den Kapiteln „Angst“, „Trauer“ und „Hoffnung“ und das Illustrieren ihrer Bilder bedingten sich gegenseitig. „Einige Bilder sind aus meiner Geschichte heraus entstanden, andere wiederum habe ich erst gemalt und dann inhaltlich in die Geschichte eingeflochten“, erklärt die Künstlerin.
Ihr thematischer Fokus liegt auf den existenziellen Fragen unserer Gegenwart: Warum fehlt das Bewusstsein bei großen Teilen einer westlich privilegierten Welt für die verheerenden globalen Auswirkungen des Klimawandels? Wie würde ein post-terrestrischer und ein post-kapitalistischer Lebensraum aussehen? Kann der Höhepunkt der globalen Krise nicht auch als Chance gesehen werden?
Die begleitende Publikation fasst Kurzgeschichten, die vom Leben auf den Raumstationen erzählen und unsere Gegenwart reflektieren, zusammen. Die Malereien und Kurzgeschichten bedingen sich dabei gegenseitig.
Linda Ebert, geboren in Stade, hat ihr Kunststudium 2019 mit dem Master in Malerei bei Professorin Antje Majewski an der Muthesius Kunsthochschule abgeschlossen. Heute lebt und arbeitet die Künstlerin in Bergen (Norwegen).
Die Einzelausstellung „A Long Journey Into Darkness“ ist zu sehen vom 13. bis 29. April: mittwochs bis samstags von 14 bis 18 Uhr im spce | Muthesius, Andreas-Gayk-Straße 7-11, 24103 Kiel. Der Eintritt ist frei.
Lesung der Künstlerin aus ihrer begleitenden Publikation am Samstag, 22. April, 16 Uhr. Führung durch die Ausstellung am Samstag, 29. April, ab 15 Uhr.