Mateusz Dworczyk, Absolvent des Studiengangs Kommunikationsdesign an der Muthesius Kunsthochschule, hat am Freitag den Gottfried-Brockmann-Preis der Stadt Kiel erhalten. Aus 35 Vorschlägen hat die Jury die Wandinstallation „Procedural Incarnation II“ des Künstlers ausgewählt. Dworczyk, 1994 im polnischen Zabrze geboren, hat Fotografie bei Peter Hendricks studiert und seine theoretische Prüfung bei Petra Maria Meyer abgelegt hat. Der mit 5.000 Euro dotierte Brockmann-Preis ist die Auszeichnung für Kieler Nachwuchskünstler. Neben Dworczyk sind 13 weitere Künstler*innen ausgewählt worden, die an der Ausstellung beteiligt sind. Die Ausstellung bildet nicht nur ab, was Studierende und Absolvent*innen der Muthesius Kunsthochschule im Studiengang Freie Kunst erarbeitet haben, sondern schlägt auch den Bogen zu den Studiengängen Raumstrategien und Kommunikationsdesign.
Was die Jury an den mithilfe von KI generierten Körperbildern, die sich im Wechselspiel von Technik, Mensch und Körperbild bewegen, überzeugt hat? „Phänomene und Herausforderungen der Digitalisierung erfasst Dworczyk nicht als isolierte Ereignisse, sondern als weitere Phase eines umfassenden medialen Epochenwechsels, der auf visueller Ebene mit der Entwicklung und Verbreitung der Fotografie begann und sich aktuell mit dem Übergang von analogen zu elektronischen und digitalen Verfahren fortsetzt. Anknüpfend an diese Diskurstradition und vor dem Hintergrund einer umfassenden Orientierung in der Theorie technischer Medien und Bilder gelingt es Dworczyk, zentrale Fragestellungen der Digitalisierung der Gesellschaft in ebenso präzise sowie ästhetisch und offen formulierte audiovisuelle Installationen zu übersetzen, in denen sich aktuelle computerbasierte und analoge Technologien trans- und multimedial ineinander verzahnen.“
Gleich im Eingangsbereich der Stadtgalerie hängt Patrick Wüsts acht mal zwei Meter großes Panoramabild „Utopia is dead“. Die Fototapete zeigt nicht etwa Sperrmüll oder Gerümpel, sondern in Nahaufnahme „Architekturmodelle, die ich kurz und klein geschlagen habe“, erklärt der Künstler. Das Eingangstor aus den gegensätzlichen Materialien Stahl und Zuckerguss hat Lisa Friedrichs-Dachale gestaltet. Annemarie Jessen hat sich in „Labium“ gefragt, wie sie einen Tisch dazu bringen könne, selbst zu sprechen – und fünf in Form und Material völlig unterschiedliche Möbelstücke mit Pfeifen ausgestattet. Hier können Besucher*innen nach Belieben die Tische zum Klingen bringen.
Miriam Hartung hat in ihrer Arbeit „strapaziert und entschieden“ einen festen Stahlrahmen mit Wolle und Kettgarn bespannt. Die Studentin des Lehrgebiets „Sprache und Gestalt“ im Kommunikationsdesign verknüpft Texte mit Gewebe – in alter Handwerkstradition voller Spannungen. Elkin Salamanca Alarcon zeigt Linolschnitte und Installationen zum Thema Isolation. So hat er etwa 420 Teebeutel, die er während der Corona-Pandemie aufgebrüht hat, gesammelt und für das Wandobjekt kombiniert. David Wassermann hinterfragt in seiner babyblauen Saloon-Installation „Slydogs Multimediacollage“ augenzwinkernd das Männlichkeitsbild des Cowboys. Gegenüber warten Zeyang Xus knallbunte Affen und Löwen, die er in üppigem Farbauftrag nahezu dreidimensional auf die Leinwand gebracht hat – eine der wenigen Malerei-Positionen in der Stadtgalerie.
Lilian Nachtigall hat einen komplett neuen hölzernen Raum in die Galerie gezimmert, in dem eine Projektion ihres Stop-Motion-Videos „Intro“ zu sehen ist. Abgefilmt hat sie ein Modell eines Raumbildes, das wirkt wie eine große kahle Fabrikhalle, aber in Wirklichkeit bloß 20 Zentimeter hoch ist. Mit der Kochbanane beschäftigt sich Paola Donato Castillo in ihrem dschungelgrün bemalten Raum. Die aus Kolumbien stammende Künstlerin stelle sich wieder und wieder die Frage: „Soll ich zurückgehen oder doch hier in Deutschland bleiben?“ und nähert sich der Antwort mithilfe der Kochbanane, als Symbol für tropische Länder, in gezwirbelten Baumskulpturen und Echtzeit-Video aus dem Dschungel.
Tian Wus religiöse Installation geht von Händen und Gesten aus – und übersetzt diese in Musik, das das Red Note Ensemble des Royal Conservatoire of Scotland für ihn vertont hat. Dem aus Kiefernholz bestehenden Parkett der Galerie hat sich Paula Oltmann in ihrer vielschichtigen Arbeit gewidmet. Wackelnde Parkettstücke hat sie herausgelöst und neu arragiert, dazu „aus einer Kofferraumladung voller Kiefernholz“ die Jahresringe freigelegt und zu kreisrunden gebogenen Plastiken arrangiert. Anne Nitzpan hat sich in ihrem Video am Kaffeetisch mit Beerentorte der nordischen Mythologie zugewandt. Und Benedikt Lübcke holt mit Erdhaufen und Tarnfarben-Zelt ein Domizil für in 3-D-Technik nachgebildete Engerlinge in die Stadt.
Bis zum 25. Februar 2024 zeigt die Stadtgalerie Kiel in der Ausstellung „Gottfried Brockmann Preis 2023“ Werke von Studierenden sowie Absolventinnen und Absolventen der Kunsthochschule: Paola Donato Castillo, Mateusz Dworczyk, Lisa Friedrichs-Dachale, Miriam Hartung, Annemarie Jessen, Benedikt Lübcke, Lilian Nachtigall, Anne Nitzpan, Paula Oltmann, Elkin Salamanca Alarcon, David Wassermann, Tian Wu, Patrick Wüst und Zeyang Xu. Die Ausstellung ist dienstags, mittwochs und freitags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, donnerstags von 10 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr.
Der Brockmann-Preis
Seit 1985 wird alle zwei Jahre der Gottfried-Brockmann-Preis der Landeshauptstadt Kiel verliehen. Die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung ist der einzige Kunstpreis der Stadt und dient der Förderung junger Kieler Künstlerinnen und Künstler, die das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.