Emery Blagdons „Healing Machine“ – oder: Was geschieht, wenn Werke der „Outsider Art“ ihre ursprünglichen Kontexte verlassen?
Emery Blagdon (1908–1986) zählt heute zu einem der wichtigsten Vertreter der sogenannten „Outsider Art“. In einer Kerndefinition des Kunsthistorikers Roger Cardinal aus dem Jahr 1972 umfasst diese „Kunst der Außenseiter“ als Sammelbegriff Werke von „Psychiatriepatienten, Autodidakten, Visionären“. Auch wenn die Bezeichnung gerade in den letzten Jahren wegen ihres ausschließenden Charakters zunehmend kritisch hinterfragt wird, hat sie sich doch international durchgesetzt, gerade in der anglo-amerikanischen Kunstwelt, und sie blickt auf eine eigene Entstehungsgeschichte zurück.
Ausgehend von der imposanten und komplexen „Healing Machine“, an der Emery Blagdon seit den 1950er Jahren bis zu seinem Krebstod 1986 kontinuierlich in einem an sein Haus angrenzenden Schuppen arbeitete, wirft der Vortrag Blicke in diese Entstehungsgeschichte. Dies, um sie vor allem mit den folgenden Fragen in Bezug zu setzen: Was genau passiert mit einem situationsgebundenen, autodidaktischen „environment“ wie der „Healing Machine“, sobald museale, künstlerische und kunsthistorische Blicke darauf geworfen werden? Welche Umgangs- und Betrachtungsformen gehen verloren, welche neuen Bezüge eröffnen sich?
Dr. Tanja Klemm ist Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Internationalen Kolleg „Morphomata“ der Universität zu Köln. Sie promovierte 2010 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2004–2006 war sie Promotionsstipendiatin am Graduiertenkolleg „Bild. Körper. Medium. Eine anthropologische Perspektive“ an der HfG Karlsruhe, 2006–2010 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und danach wissenschaftliche Assistentin am Kunsthistorischen Institut in Florenz. Von 2011–2013 hatte sie die Assistenz Frühe Neuzeit am Kunsthistorischen Seminar der Universität Basel inne. Ihre Forschungsinteressen umfassen Bildpraktiken und Phänomenologien der Verkörperung seit dem Spätmittelalter, Outsider Art sowie das Verhältnis von Kunst-Fertigkeiten und Wissen. Neben ihren künstlerischen Ausstellungsbeteiligungen veröffentlichte sie insb. Bildphysiologie. Wahrnehmung und Körper in Mittelalter und Renaissance, Berlin 2013; zusammen mit Stephanie Dieckvoss: Kunst lernen? Akademien und Kunsthochschulen heute, Themenheft Kunstforum International 245 (2017).
Ort: Muthesius Kunsthochschule Kesselhaus; Legienstr. 35, 24103 Kiel
Datum: Dienstag, 06.06.2017
Zeit: 18:00 – 19:30