Christine Erhard ist neue Professorin für Fotografie

Christine Erhard ist seit Beginn des Wintersemesters 2022/23 neue Professorin für Fotografie im Studiengang Kommunikationsdesign

Christine Erhard ist seit Beginn des Wintersemesters 2022/23 neue Professorin für Fotografie im Studiengang Kommunikationsdesign. Damit folgt sie auf Peter Hendricks, der seit 2005 die Professur für Fotografie innehatte.

Frau Erhard, Sie haben in den 1990er Jahren Freie Kunst bei Fritz Schwegler in Düsseldorf studiert. Seither hat sich die Welt der Fotografie grundlegend geändert. Was ist Ihnen als Professorin für Fotografie wichtig?

„Die analoge Fotografie bildet zunächst die Grundlage für alles, was darauf in der Fotografie folgt. Es geht nichts über diesen magischen Moment in der Dunkelkammer, in dem Fotografinnen und Fotografen ein Bild entstehen sehen. Auch wenn Studierende selbst nicht analog arbeiten, so sollten sie diese analogen Grundlagen des Mediums als Basis der Bildexposition kennengelernt und erfahren haben. Darüber hinaus möchte ich Studierenden mit dem Schwerpunkt Fotografie ermöglichen, sich mit den verschiedensten fotografischen und visuellen Techniken und computergenerierten Bildschöpfungen auseinanderzusetzen. Mir ist ein breit gefächerter Zugang zu fotografischen Bildern sehr wichtig. Die Studierenden können sämtliche bildnerische und technische Lösungen verfolgen, sie haben durch die Vielfalt der technischen Möglichkeiten ein Instrumentarium zur Verfügung, das sich allen inhaltlichen und gestalterischen Vorstellungen öffnet.“

Fritz Schwegler war vorwiegend Bildhauer, arbeitete plastisch – was hat Sie geprägt?

„Fritz Schwegler war als Künstlerpersönlichkeit sehr breit aufgestellt, er arbeitete nicht nur bildhauerisch, sondern schrieb ebenso Texte oder machte Performances. Dieses medienübergreifende Arbeiten ist etwas, das ich von ihm mitgenommen habe. Ebenso wie die Tatsache, die eigene Kunst mehr vom Inhalt, vom Thema her zu denken als sich zu stark auf ein einzelnes Medium zu fokussieren. Künstlerische und gestalterische Produktion braucht die Freiheit in der Wahl der Mittel, ihrer Medien und Materialien. Fritz Schwegler hat seine Studierenden darin bestärkt, eigene, unkonventionelle Wege zu gehen und Selbstvertrauen in die eigene Arbeit zu haben, das schätze ich sehr.“

Jetzt sind Sie Professorin für Fotografie an der Muthesius Kunsthochschule. Was möchten Sie Ihren Studierenden mitgeben?

„Mir geht es grundsätzlich darum herauszufinden, welche Bildvorstellungen die Studierenden mitbringen, welche Bildsprache sie für ihr Anliegen wählen. Ich begegne allen Studierenden mit großer Offenheit und Neugierde. Mir ist es sehr wichtig, jede einzelne Person, der ich als Lehrende begegne, kennenzulernen und ihr Potenzial zu fördern. Dafür ist das persönliche Klima hier und die überschaubare Zahl der Studierenden sehr hilfreich.

Es geht mir im Kern darum, dass die Studierenden sich zu eigenständigen künstlerischen Persönlichkeiten entwickeln und ihren eigenen Weg finden. Fotografie ist für mich dabei ein Medium von vielen. Ein vordefiniertes Berufsbild, das es vor 20 Jahren im Feld der Fotografie noch gegeben hat, existiert heute in der Form nicht mehr. Daher ist das Studium jetzt ganz anders ausgerichtet als noch vor einigen Jahren. Ich möchte, dass Studierende ihren Fähigkeiten entsprechend ihr Potenzial in unterschiedlichen Bereichen entdecken – denn sie können nach dem Studium nicht nur als Fotograf*in arbeiten, sondern weitaus vielseitiger.“

Mit Blick auf Ihre neue Aufgabe in der Fotografie: Worauf freuen Sie sich besonders?

„Ich freue mich am meisten auf die Studierenden. Einige von ihnen habe ich schon kennengelernt: Sie sind motiviert dabei, sehr aktiv und wissen, was sie wollen. Nicht wenige von ihnen sind auch wieder an den Möglichkeiten jenseits der digitalen Bildbearbeitung interessiert. Es besteht vermehrt ein Bedürfnis, sich wieder mit alten, analogen oder handwerklichen Techniken zu beschäftigen.“
Auch Sie selbst arbeiten weniger digital, sondern für Ihre Arbeiten zunächst einmal architektonisch, indem Sie plastische Modelle konstruieren, die Sie anschließend fotografieren…
„Ja, ich bin nicht nur Fotografin, sondern ebenso Bildhauerin. In meinen Arbeiten bestimme ich nicht nur selbst den Moment und die Art der Aufnahme bestimmen, sondern habe alles selbst in der Hand. Das Verfahren, wie eine meiner Fotografien zustande kommt, ist bei mir also umgekehrt: Zuerst ist die Kamera da, dann wird das Motiv konzipiert und gebaut, ich kann damit frei agieren.“

Was reizt Sie an dieser Art zu arbeiten?

„Meine Fotos leben von der räumlichen Erfahrung, von einer dreidimensionalen Umgebung. Diese selbst zu entwickeln und zu gestalten, ist mir sehr wichtig, denn so entwickelt sich ein Verhältnis zu den Bildern. Ich eigne mir meine Bilder an, indem ich sie von Grund auf neu baue und rekonstruiere.“

Welchen Zweck verfolgen Sie mit dieser entschleunigten Art der Architekturfotografie?

„Bei der Herstellung meiner Bilder ist mir der handwerkliche Entstehungsprozess sehr wichtig. Mit meiner Methode, Fotografien zu erzeugen, verlagere ich den Entstehungsprozess des Bildes vor den Moment, in dem sich der Verschluss der Kamera für den Bruchteil einer Sekunde öffnet und wieder schließt. Hier fertigt die Kamera im Bruchteil einer Sekunde das Bild eines Gegenstandes an, der nur zum Zweck des Fotografierens in einem langwierigen bildhauerischen Prozess entstanden ist. Mein Verfahren verhält sich also genau gegenläufig zu dem immer schneller werdenden medialen Verwertungskreislauf von fotografischen Bildern. Ich nehme Bilder aus diesem Kreislauf heraus, hinterfrage und betrachte sie neu. Dabei geht es mir darum, die Sicht auf bekannte Bilder zu durchbrechen und zu eigenen, neuen Sichtweisen zu gelangen.“

In Ihren Arbeiten widmen Sie sich verschiedenen Strömungen der Moderne, etwa dem Werkbund, dessen Begründer Hermann Muthesius war. Was interessiert Sie, was begeistert Sie am Werkbund?

„Am Werkbund interessiert mich ebenso wie am Bauhaus, dass dort interdisziplinär gearbeitet wurde, das entspricht meiner Arbeitsweise. Und ich schätze auch an der Muthesius Kunsthochschule, dass hier die unterschiedlichen Disziplinen zusammenarbeiten und Interdisziplinarität eine wichtige Rolle spielt.

Zudem erkunde ich bei diesen Strömungen die Abbildungsgeschichte von Architektur. Am Bauhaus und in Vorläufern im Werkbund bekam die Architekturfotografie als Darstellungsmedium des ‚Neuen‘ eine enorme Bedeutung – wie Neues Bauen, Neues Sehen, Neue Sachlichkeit. Zu dieser Zeit entwickelten auch die Architekten – damals hauptsächlich männlich – ihre eigenen Strategien des Umgangs mit dem fotografischen Medium. Sie benutzten die Fotografie als Mittel, um ihr Idealbild einer neuen Architektur zu propagieren. In Publikationen und erstmals auch in Ausstellungen entwickelten sich Darstellungsformen in der Fotografie, die stilbildend für das Bauen gewirkt haben. Es ist diese Wechselbeziehung, die mich interessiert und die ich mit meiner Arbeit untersuche.“

Sie haben seit 2005 unterschiedliche Lehraufträge für Fotografie an der Bremer Hochschule für Künste, den Universitäten in Wuppertal und Paderborn oder der Fachhochschule in Dortmund. Wie ist Ihr erster Eindruck von der Muthesius Kunsthochschule?

„Die Muthesius Kunsthochschule hat extrem viel Potenzial! Es gibt hier gute Werkstätten mit bester Ausstattung und gut geschultem Personal, großartige Kolleg*innen, viele unterschiedliche Fachbereiche mit Verknüpfungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten für die Studierenden – all das lohnt sich, wahrgenommen zu werden. Mir persönlich gefällt zudem, dass die Stadt eine hohe Lebensqualität besitzt und Stadt wie Hochschule eine gute und angenehme Atmosphäre haben.“

 

Zur Person

Christine Erhard, 1969 in Crailsheim geboren, studierte von 1993 bis 1998 bei Fritz Schwegler Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf. Ihre Arbeiten werden seitdem kontinuierlich in Museen, Galerien und anderen Institutionen im In- und Ausland ausgestellt.

Sie vertrat die Professur für Fotografie und zeitbasierte Medien an der Universität Siegen und hatte Lehraufträge für Fotografie an der Hochschule für Künste Bremen, der Fachhochschule Dortmund, den Universitäten Wuppertal und Paderborn und an der Hochschule für Bildende Künste Essen.

Die Künstlerin, die für ihre Fotografien aus einem bildhauerischen Prozess heraus architektonische Modelle entwickelt, hat kürzlich im Distanz Verlag die Publikation „Building Images“ veröffentlicht.

Weitere Informationen über Christine Erhard: https://www.christineerhard.de und https://www.instagram.com/christine.erhard/

25.11.2022 ,

Im Fokus

Im Fokus

Übergeordnetes Ziel der Muthesius Kunsthochschule in Kiel ist es, durch künstlerisch-gestalterische Entwicklungs- und Forschungsvorhaben als Kristallisationspunkt für Arbeiten und geistige Auseinandersetzungen auf den Gebieten der Kunst, der Raumkonzeption und des Designs zu wirken. Die Muthesius Kunsthochschule in Kiel als einzige Kunsthochschule des Landes Schleswig-Holstein ist nicht nur ein Ort der Ermöglichung kulturell relevant werdender Biografien, sondern mit ihrem Projektstudium auch ein Ort besonderer Experimente und Realisierungen.
 Die Profile der Masterstudiengänge stellen teilweise in der Bundesrepublik einzigartige Studienangebote und Entwicklungsmöglichkeiten für Studierende dar.

„Im Zentrum der Muthesius Kunsthochschule steht die Kunst, das Künstlerische und das Gestalterische, das Schaffende und die Produktivität. Um diese Mitte bewegt sich auch das grundsätzliche Verhältnis von Theorie und Praxis. Dieses Wechselverhältnis ist ein permanenter Prozess, eine kreisende Bewegung um das von Kunst und Design ausgehaltene Zentrum. Es ist Freiraum nötig, um sich zu bewegen. Deshalb ist die erste Bedingung für Kunst und Design an unserer Hochschule Freiheit! Zum Studium an der Muthesius Kunsthochschule gehört der Wille, diese Freiheit zu nutzen, um zu einer ebenso kreativen wie produktiven Persönlichkeit heranzureifen. So können wir unseren Studierenden persönliche Biografien ermöglichen“, verspricht Präsident Dr. Arne Zerbst.

Rund 630 Studienplätze verteilen sich zurzeit auf die Studiengänge Freie Kunst, Freie Kunst Lehramt am Gymnasium, Raumstrategien, Kommunikationsdesign und Industriedesign.

FORSCHUNG UND PROJEKTE

Das Studium an der Muthesius Kunsthochschule ist projektorientiert. Studierende werden frühzeitig ermutigt, Erfahrungen mit realen Auftraggebern zu machen. Mit dem Zentrum für Medien wurde eine  interdisziplinär arbeitende Einrichtung geschaffen, die den Studierenden dabei helfen, ihre Projekte erfolgreich zu realisieren.
Durch die Teilnahme an Exzellenzclustern zählt die Muthesius Kunsthochschule zu jenen international sichtbaren und wettbewerbsfähigen Forschungseinrichtungen, die dazu beitragen, den Wissenschaftsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken. Zahlreiche Kooperationspartner auf lokaler, nationaler wie internationaler Ebene schätzen an der Muthesius Kunsthochschule ihre interdisziplinäre Kursstruktur sowie das persönliche Klima mit Semesterstärken von maximal 20 Studierenden – eine hervorragende Basis für Diskurse mit Innovationspotential.

INTERNATIONALITÄT

Studierende und Lehrende setzen sich jedes Semester im Rahmen interdisziplinärer Workshop-Wochen und hochschulintern organisierter, öffentlicher Symposien mit nationalen und internationalen Positionen in Kunst und Design auseinander. Internationale Dozenten sind stets Bestandteil dieser Pflichtveranstaltungen. Aus über 30 Ländern der Welt kommen junge Menschen in Kiel zum Kunst- und Designstudium zusammen. Ihr Anteil an der Studierendenschaft beträgt 14 Prozent, Tendenz steigend. Damit liegt die Muthesius Kunsthochschule weit über dem Bundesdurchschnitt.

WEBLOGS DER LEHRGEBIETE

Um die Vielfalt der Muthesius Kunsthochschule darstellbar zu machen, gibt es neben den »offiziellen« Informationsseiten (die farbige Hälfte dieser Webseite) über 40 Weblogs (die weiße Hälfte dieser Webseite), die von den einzelnen Lehrgebieten selbst gepflegt aktualisiert werden.

Für ganz Eilige haben wir hier eine kurze Bookmarkliste zusammengestellt:
Das digitale Vorlesungsverzeichnis
Who is who an der Muthesius
-Personenverzeichnis
Medienformationen für die Presse
Die Termine der Mappenberatung

Bibliothek (Katalog und Öffnungszeiten)

 

SEMESTERZEITEN

Sommersemester 2024
Semesterzeitraum: 01.04.2024 – 30.09.2024
Vorlesungszeit: 02.04.2024 – 19.07.2024

Wintersemester 2024/2025
Semesterzeitraum: 01.10.2024 – 31.03.2025
Vorlesungszeit: 14.10.2024 – 14.02.2025
(Unterrichtsfrei 21.12.2024 – 06.01.2025)

Sommersemester 2025
Semesterzeitraum: 01.04.2025 – 30.09.2025
Vorlesungszeit: 14.04.2025 – 25.07.2025

 

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Die Muthesius Kunsthochschule tritt entschieden für die Anerkennung und Akzeptanz jeglicher Identitätskonzepte (LGBTQIA*) jenseits von binärer Geschlechterordnung und Heterosexualität ein.
(Bitte informieren Sie sich über die Gleichstellungsarbeit auf der Website der Kommission für Gleichstellung und Diversität: E-Mail: gleichstellungskommission@muthesius.de.)